22/04/2025 0 Kommentare
Ökumenisches Klimagebet
Ökumenisches Klimagebet

Die Ökumenische Initiative Lichterfelde-West lädt ein zum nächsten gemeinsamen Gebet - dieses Mal in Präsenz, in der
Gemeinde Eben-Ezer
Celsiusstraße 46-48
12207 Berlin
Hier die Einladung von Michael Börgers:
Liebe Mitwirkende und Interessierte an den Ökumenischen Klimagebeten,
Während ich mir Gedanken mache über die Einladung zu diesem Klimagebet, sehe ich plötzlich die Nachricht vom Tod des Papstes – eine Nachricht, die keinen von uns „Klimabetenden“ unberührt lassen kann, und zwar ganz unabhängig von unserer konfessionellen „Verortung“. Dieser Papst hat für uns eine sehr große Bedeutung gehabt, unter anderem (aber nicht nur) natürlich durch seine „Umweltenzyklika“ Laudato Si. Trauer mischt sich mit Dankbarkeit und der Hoffnung, dass die positiven Impulse, die Franziskus gesetzt hat, fortwirken.
Angestoßen durch Einlassungen der neuen Bundestagspräsidentin ist ja gerade wieder eine Diskussion darüber aufgeflammt, wie „politisch“ der Glaube und die Kirchen sein dürfen bzw. sein sollten. Ich muss gestehen, dass mich die Vorstellung, die Kirchen sollten sich aus der Politik weitgehend „heraushalten“, sich stattdessen auf ihre (vermeintlichen; von wem eigentlich und mit welchem Recht definierten?) „Kernbereiche“ konzentrieren und hauptsächlich „Trost und Stabilität“ spenden, spontan an den Ausdruck „Opium fürs Volk“ denken lässt. (Vielleicht müsste man „Opium“ zeitgemäßer durch „Beruhigungspillen“ ersetzen.) Jedenfalls frage ich mich, ob dem nicht ein sehr grundsätzliches Missverständnis vom christlichen Glauben und von der Rolle der Kirchen zugrunde liegt.
Papst Franziskus hat sich solche Fesseln nie anlegen lassen, und seinen Mut und seine – wenn man das so sagen kann – Unbekümmertheit in dieser Beziehung habe ich immer sehr bewundert, unabhängig davon, dass natürlich auch mich manche Äußerungen des Papstes, vorsichtig formuliert, inhaltlich irritiert haben.
Ich kann mit der Vorstellung wenig anfangen, dass es auf der einen Seite „Kernbereiche“ des Glaubens geben soll und auf der anderen Seite Lebensbereiche, die mit dem Glauben nichts zu tun haben. Und wenn das für den Glauben gilt, muss es auch für die Kirchen gelten. Das bedeutet aber natürlich nicht, dass man über politische Fragen innerhalb der Kirchen und unter Christinnen und Christen nicht mehr streiten könnte, weil sie durch irgendeine Person oder Instanz „autoritativ“ entschieden wären. Auch Franziskus hielt sich sicherlich nicht für unfehlbar, und erstrecht hat er, soviel ich weiß, Unfehlbarkeit nie für sich in Anspruch genommen. Glauben ist ja auch etwas Anderes als die Überzeugung (im Grunde genommen eine ideologische Wahnvorstellung) aus irgendeinem Grunde auf alle Fragen die „einzig richtigen“ Antworten parat zu haben. (Nach dem Motto: „Die Partei, die Partei, die hat immer recht.“)
Im Zusammenhang mit seiner Vorbereitung des Klimagebetes am Mittwoch hat Michael Fleischer mich auf einen sehr klugen Satz von Jürgen Werner aufmerksam gemacht, seiner „Notiz“ zum Ostersonntag, in der er über das leere Grab nachdenkt (juergen- werner.com./notizen/): „Glaube beginnt immer dort, wo wir Gott vermissen...“ Das ist das genaue Gegenteil von ideologischer Inanspruchnahme einer „absoluten Wahrheit“.
Allerdings sollten wir an diesem Punkt wohl eine wesentliche Differenzierung machen: Darüber, was z.B. die am besten geeigneten Maßnahmen zur Eindämmung des Klimawandels und zur Anpassung an bereits unvermeidbar gewordene Klimaveränderungen sind, kann man sicher sehr viel streiten. Und vielleicht ist es dann wirklich auch klüger, wenn die Kirchen sich in solchen Fragen eher zurückhalten. (Meiner Ansicht nach tun sie das aber auch – auch wenn sich die EKD wirklich einmal zur Frage eines allgemeinen Tempolimits geäußert hat.) Aber wenn es darum geht, sich jeder Verantwortung zu entziehen, sei es durch Wirklichkeitsverleugnung, sei es durch Verantwortungsverleugnung, wird es sehr viel prinzipieller: Da dürfen die Kirchen (finde ich) eigentlich gar nicht schweigen. Und so ist es auch bei anderen Fragen, z.B. wenn noch die schlimmsten Inhumanitäten gegenüber Migrantinnen und Migranten damit gerechtfertigt werden sollen, dass „Nächste“ eben nur die Angehörigen des „eigenen Volkes“ seien. So Vertreter der AfD, und ganz ähnlich auch J.D. Vance. Franziskus hat dem in den letzten Tagen seines Lebens noch deutlich widersprochen.
Zu den Dingen, wegen derer ich für diesen Papst dankbar bin (neben vielem anderen; es kann hier nicht alles aufgezählt werden), gehört auch die klare Positionierung gegen die Todesstrafe. Auch dies hat Franziskus offenkundig als eine so prinzipielle Frage angesehen, zu der man nicht schweigen darf.
Herzliche Grüße von Michael Börgers
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