04/04/2025 0 Kommentare
Karfreitag: Musik und Wort zur Sterbestunde
Karfreitag: Musik und Wort zur Sterbestunde
# Musik bei Paulus

Karfreitag: Musik und Wort zur Sterbestunde
Carl Heinrich Graun: Der Tod Jesu
Musik und Wort zur Sterbestunde Karfreitag, 18. April 2025 15.00 Uhr Pauluskirche
Hindenburgdamm 101, 12203 Berlin-Lichterfelde
Es singen und spielen die Pauluskantorei und das Paulusorchester
Leitung: Dr. habil. Cordelia Miller / Professor Hans Joachim Greiner
Solo: Lucy de Butts, Sopran
Lesung: Pfarrer Björn-Christoph Sellin-Reschke
Hier eine Einführung in das Werk:
Carl Heinrich Graun (1703/4-1759) war in seiner Zeit einer der bekanntesten Opernkomponisten und der unangefochtene Star der unter Friedrich II. neuerbauten Berliner Hofoper Unter den Linden. Kirchenmusik komponierte Graun nur gelegentlich, und doch hat ausgerechnet eines seiner kirchenmusikalischen Werke die Zeiten überdauert: das Passionsoratorium Der Tod Jesu, ein Auftragswerk der Prinzessin Anna Amalia. Seit dem Jahr seiner Uraufführung im Berliner Dom in der Karwoche 1755 war das Oratorium in preußisch-protestantischen Regionen etwa 100 Jahre lang außergewöhnlich populär und avancierte zu einer Art Lokalschlager. Allein die Singakademie Berlin führte das Werk bis 1884 über 70 Mal auf. Erst am Ende des 19. Jahrhunderts wurde es von Bachs Matthäuspassion allmählich verdrängt und geriet in Vergessenheit.
In der langen Tradition der Passionsvertonungen gilt Grauns Tod Jesu als Gattungsmodell des sogenannten lyrischen Passionsoratoriums der Aufklärung, in dem nicht mehr die traditionelle Lehre vom stellvertretenden Versöhnungstod Christi im Mittelpunkt steht, sondern der Mensch Jesus, der sein Leiden und Sterben geduldig erträgt und damit zum tugendhaften Vorbild wird. Die Zuhörer sollen durch das nachvollziehende Mit-Leiden innerlich angerührt und sittlich-moralisch erbaut werden.
So entfernt sich das frei gedichtete Libretto Karl Wilhem Ramlers (1725-1798) auch zum Teil weit von den Evangelientexten, insbesondere in den Arien, von denen wir in unserer heutigen gekürzten Fassung nur zwei aufführen. Sie sind inhaltlich nicht an die Passion gebunden und entsprechen musikalisch dem durch Kantabilität, tänzerische Leichtigkeit und virtuose Koloraturen geprägten Graunschen Opernstil. Dem Barock verpflichtete traditionelle kontrapunktische Techniken finden sich in den ernsteren Chören; die Choräle mit teils neu gedichteten Texten orientieren sich dagegen ganz an der in der Epoche der Empfindsamkeit geforderten Simplizität.
Auch wenn die inhaltliche Ausrichtung der eher mittelmäßigen Dichtung heute etwas befremdlich wirkt, ist Der Tod Jesuweit mehr als ein musikhistorisches und geistesgeschichtliches Dokument: Die ausdrucksvolle, variantenreiche und kompositorisch anspruchsvolle Musik Carl Heinrich Grauns wird wohl immer die Herzen erreichen.
Dr. habil Cordelia Miller, Kantorin bei Paulus
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