"Paulus, der... ": Aus unserer Jubiläumsreihe

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# Gemeindebrief

"Paulus, der... ": Aus unserer Jubiläumsreihe

Paulus, der Jude und Sohn des Volkes Israel

Ob im Konfirmandenunterricht, Gottesdiensten oder als geflügeltes Wort für eine unerwartete Veränderung: „Vom Saulus zum Paulus“ ist eine Überschrift, die sich immer wieder in christlichen Gemeinden findet. Meine Religionslehrerin in der Schule wies uns Kinder noch auf das vermeintliche Wortspiel dieser Namen hin, das auf einen Wandel vom Schlechten zum Guten hinweise: „Sau wird Pau!“, sagte sie und lachte. Mehr Ignoranz gegenüber dem Glauben des Paulus in Kombination mit antisemitischer Süffisanz geht wohl kaum!

Wichtig also, dass wir uns bei Paulus stets vor Augen halten, dass er zuallererst Teil des von Gott erwählten Volks Israel und damit Jude war. Denn sonst haben wir nur einen halben Paulus, können die Tiefe seiner Briefe und den biblischen Reichtum, aus dem er schöpft, nicht wahrnehmen.

Die Briefe des Paulus und die Apostelgeschichte geben uns Einblicke in seine Biografie. Geboren in Tarsus, also im Diaspora Judentum, besaß Paulus römisches Bürgerrecht und war gebildet. Er berichtet, Pharisäer gewesen zu sein. 

Eine Gruppe, die durch einseitige Darstellungen im Neuen Testament oft missverstanden wird: Pharisäer waren entgegen ihrem Ruf keine Heuchler. Sie kannten sich ausgezeichnet in der Tora (den fünf Büchern Mose) aus, vor allem aber in den Lehrdebatten ihrer Auslegung. Ihr Ziel war es, allen Menschen aufzuzeigen, wie sie ihr Leben an den Gesetzen der Tora entlang leben können. Jesus selbst gehörte einer pharisäischen Schule an. Wenn also Pharisäer im Evangelium mit Jesus streiten, handelt es sich meist um Auslegungsdebatten, die auch außerhalb unserer Bibel zu finden sind. Zum Beispiel im später schriftlich festgehaltenen Talmud. Bei diesen Debatten geht es nicht um Rechthaberei, sondern um das fruchtbare Streiten.

Paulus gibt im Galater und 1. Korintherbrief zu erkennen, dass er anfänglich versucht habe, das frühe Christentum zu verfolgen und zu unterbinden. Es ist allerdings umstritten, ob Paulus hier im Rückblick überzeichnet hat oder ob er eine Zeit lang einer rigorosen Strömung seine Zeit angehört haben mag. Wie genau er mit den Lehren Jesu in Berührung kam, lässt Paulus selbst im Dunkeln, verweist auf eine Erscheinung. Die berühmte Erzählung aus der Apostelgeschichte (Kap. 9), die auch im Fenster des Hauptportals unserer Pauluskirche festgehalten ist, berichtet von einem eifernden Saulus, dem Christus selbst begegnet. Eine Bekehrung „vom Saulus zum Paulus“, wie sie in unseren Sprachgebrauch eingegangen ist, kennt aber auch dieses Buch nicht. Saulus – hebräisch „Scha’ul/ Saul“ ist sein jüdischer Name. Juden trugen im römische Reich einen latinisierten Beinamen, den sie vor allem auf Reisen führten. Das erkennt man an den Briefen des Paulus, in denen er sich selbst nie als „Scha’ul/ Saulus“, sondern stets als Paulus vorstellt. 

Paulus war zweifelsfrei ein entscheidender Wegbereiter des Christentums. Wichtig ist, dass wir uns bewusst machen, dass er damit nicht zum Gegner des Judentums geworden war. Seine zahlreichen Hinweise auf die Heilige Schrift (was wir Altes Testament nennen), um seine Argumentation gegenüber den Gemeinden zu stützen, bezeugen, dass er immer Pharisäer blieb:Ein Ausleger der Gebotes Gottes zum Wohl des Lebens der Menschen. 

Im Brief an die Gemeinde in Rom (Kap. 11) hält er ein Gleichnis fest, das für uns Bedeutung hat, wenn wir als Christenheit über unsere Beziehung zum Judentum als Zweige an einem gemeinsamen Baum nachdenken. Paulus schreibt von einem Ölbaum, der der ständigen Pflege bedarf: 

„Einige Zweige sind aus dem edlen Olivenbaum herausgebrochen worden. Dann hat man dich als Zweig vom wilden Olivenbaum in den edlen eingepfropft. Jetzt wirst du vom Saft aus seiner Wurzel miternährt. Aber meine nicht, dass du den anderen Zweigen überlegen bist! Wenn du es trotzdem tust, dann denke daran: Nicht du trägst die Wurzel, sondern die Wurzel trägt dich!

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